Freitag, 24. September 2010

Ablenkungen

Und dann trank sie Wasser. Ihre Zunge lechzte danach und sie sog es gierig in sich ein, fühlte dessen Kühle, dessen Klarheit. Befriedigt wandte sie sich ab und wühlte nach etwas. Es raschelte und zum Vorschein kamen: Kleine Gumminippel, die in ihren Ohren verschwanden. Und mit ihnen der Lärm der Großstadt. Dann setzte ein plötzliches metallisches Surren ein. Die Stahlketten, die die Fenster trugen, verkrochen sich in ihr Schneckenhaus zurück und nahmen dem Raum die frische Kühle des ersten herbstlichen Morgens. Sie nahm von all dem keine Notiz. Die Silikonwürmchen in ihren Ohren bewahrten sie vor all der Ablenkung, sodass sie ganz in ihrer Arbeit versinken konnte. Zettel sortieren. Sie füllte sie mit hartem, kühlem Blau und nahm ihnen ihre Reinheit, ihre Unbeflecktheit. Draußen war Eile geboten, eine Sirene ertönte, der Junge neben ihr lächelte. Doch sie war ganz in sich. Als sie die Bewerbung fertig geschrieben hatte, schenkte sie ihr in einem letzten Akt ihr Konterfei, schwarz-grau-weiß. Die Farben verhalfen ihrer Feminität zu der notwenigen Souveränität. Doch auch ihr Lächeln konnte eines nicht verbergen: Dass sie im Grunde genommen genau so war wie das Foto: schwarz-grau-weiß. Die Gewohnheit, ausschließlich schwarz und weiß zu tragen, hatte sich irgendwann eingeschlichen. Eben so wie dies Gewohnheiten für gewöhnlich tun. Das Grau steuerte nicht ihre Kleidung bei, das Grau steuerte allein sie bei. Seitdem sie – umgeben von Menschen – in ihrer einsamen Zelle der ablehnenden Arroganz vegetierte, war sie grau geworden. Jeden Tag ein kleines Stück mehr. Nun sah sie aus wie ihr Passfoto: Schwarz-grau-weiß. Vielleicht hatte der Fotograph die Farben gar nicht verändert?

Dann ging sie. Der Lärm, der dann einsetze, entging ihr. Der Junge neben ihr schaute nun konzentriert. Die Narbe neben seiner Nase blieb unbewegt. Auch das entging ihr. Sie war weg. Doch die Dinge, die auf sie warteten, verrieten, dass sie wiederkommen würde. Die Dinge hörten erneut die Sirene. Was war passiert? Dann nahm der Verkehr wieder seine übliche Geschäftigkeit auf und das Brummen setzte ein. Es war nie weg gewesen. Legte sich irgendwo das Großstadttreiben, so sorgte es an anderer Stelle dafür, dass nie Ruhe eintrat. Draußen wurde der Ahorn bunt. Ganz allmählich, aber stetig. Gleichzeitig ließ er seine Blätter ziehen und gab damit den Blick auf sein Innerstes frei. Knochige Äste traten hervor. Doch noch würde es dauern, bis Schnee darauf lag. Der Junge trank. Auch er hielt seinen Gehörgang verschlossen. Wollte kein Geräusch. Wollte nur Wissen. Aus Verständnis würde Erkenntnis werden. Das Wasser tat gut. Und so trank auch ich.

Als sie wiederkam waren die Stöpsel in ihren Ohren verschwunden. Sie wollte wieder teilhaben. Gerne hätte sie frei geatmet, frei gelebt. Doch spürte sie die Fessel um ihrer Brust. Sie zwang sie durchzuhalten, weiterzumachen, nicht aufzugeben, nicht zu verlieren. Es zu schaffen. Dann warteten Erfolg und Anerkennung auf sie. Doch nicht, wenn sie aufgab, wenn sie sich nicht zusammenriss. Und so starrte sie weiter auf ihren Bildschirm und gab Geschäftigkeit vor. Das war es, was hier zählte. Kam man später als andere, wurde man belächelt. Ging man vor den anderen, verlor man. Es war ein Spiel. Sie beherrschte es. Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Wolken traten, war eines gewiss: Es würde ein goldener Oktober folgen, doch sie würde ihn durch gelbes Glas erleben. Die hochgewachsene, schlanke Frau mit den intelligenten Augen ihr gegenüber inhalierte die Sonne mit ihrem Gesicht. Die Strahlen erhellten ihr Gemüt und gaben ihr Kraft zum Weitermachen. Sie hatte Angst vor ihr.

Spätsommer-Regenbogen

Samstag, 18. September 2010

Rat erbeten

Ich denke darüber nach, mir eine Nähmaschine zuzulegen und wollte fragen, ob jemand von euch einen Nähmaschinentipp für mich hat. Da ich blutige Anfängerin bin und noch noch nicht weiß, wieviel Talent ich habe und was ich überhaupt so nähen will (im Moment eigentlich nur ein Bommel-Halstuch), wäre mir ein günstiger Allrounder am liebsten.

Moorgeister

im Eppendorfer Moor. Hier sprießen rot-weiße Fliegenpilze, reife Heidelbeeren wollen gepflückt werden und krabbelige Kreuzspinnen spinnen ihre gleichförmigen Netze:









Ein Stück Natur in der Großstadt und das direkt vor meiner Haustür!

Dienstag, 14. September 2010

Wie ich von Gurkenvergasung zu KATJES kam...

Das T9-Wörterbuch meines Handys kennt nicht die Allerweltsworte „Gurke“, „Gulasch“ oder „Ananas“. Aber nicht nur Nahrungsmittel sind ihm fremd, auch bei „Strumpf“ stellt es sich dumm. „Nazi“, „Jude“ und „Vergasung“ sind ihm indes wohl bekannt. Selbst um die Schreibweise von "Holocaust" und „Inquisition“ weiß es.

Festgestellt habe ich dieses Phänomen, weil mir das Handy stets zuerst „Nazi“ anbot, wenn ich eigentlich das mit der gleichen Tastenkombination erstellbare „Maxi“ in eine SMS tippen wollte. Was hat sich der Programmierer der automatischen Worterkennungsfunktion wohl so gedacht, als er die deutsche Software geschrieben hat? Vielleicht ging er ja davon aus, dass „wir Deutschen“ uns auch in SMS stets mit unserer Vergangenheit beschäftigen und gar nie den Partner bitten, doch noch eine Gurke oder eine Maxi-Packung Damenbinden vom Supermarkt mitzubringen. Verwundert diese doch gerade bei der Gurke deshalb, weil es doch – ganz anders als die Ananas - so ein prachtvolles deutsches Gemüse ist: Das Symbol unserer Manneskraft. Vielleicht hatte der Programmierer ja auch das Bild vom „deutschen Zuhause“ im Kopf: Vatilein verdient money in his tummy und Muttilein düngt derweil die dralle Gurke. Denn dieses macht natürlich die Bitte nach einer Gemüsefrucht vom Supermarkt hinfällig.

Übrigens gab es von KATJES mal „GUM-MÜSE“, das als „köstliches Gemüsefruchtgummi“ beworben wurde und mit den Geschmacksrichtungen Kürbis, Spinat, Tomate und Karotte aufwartete. War allerdings alles andere als köstlich und gab es deshalb auch nur für ganz, ganz kurze Zeit. Der Name allein war mir den Kaufpreis aber schon wert. Jedenfalls schrieb ich eine Feedbackmail an KATJES, in der ich den Geschmack monierte und mich für die Geschmacksrichtung "Pilzbohne" aussprach. Die ANtwort lautete:

"Sehr geehrte Frau Meloni,

vielen Dank für Ihre Mail zu unserem Produkt Gum-müse. Wir freuen uns immer sehr, wenn sich unsere Verbraucher so intensiv mit unseren Produkten beschäftigen.

Wir möchten Ihnen auf jeden Fall in dem Punkt beipflichten, dass der Geschmack außergewöhnlich ist. Wir sind aber wohl der Meinung, dass wir die Geschmacksrichtungen der Gemüsesorten gut getroffen haben. Darüber hinaus ist uns aber bewusst, dass dieses Produkt nicht unbedingt alle Fruchtgummi-Fans anspricht.

Wir hoffen, dass Sie weiterhin ein treuer Fan unserer übrigen Produkte bleiben und wünschen viel Spaß beim Naschen.

Mit freundlichen Grüßen
Katjes Marketing"

Montag, 13. September 2010

Ich war beim

Stoffmarkt Holland!!!

Viel hatte ich von dem sagenumwobenen Paradies für alle Nähmaschinenbesitzerinnen gehört und wartete - in der unsäglichen Freude, endlich auch Bewohnerin einer Stoffmarkt-Holland-Tour-Stadt zu sein - gespannt wie ein Flitzebogen auf MEIN ERSTES MAL.

Vergangenen Samstag war es dann soweit: Ich schwang mich also auf Ulla und wir ritten gemeinsam zum Alsterdorfer Marktplatz - gewappnet mit dem nötigen Kleingeld, einem großen Kofferraum und Stahlspitzen an den Ellenbogen. Denn ja: Wir wollten uns die besten Schnäppchen schnappen.

Doch dort angelangt: Der Schock! Auch andere Stoffverrückte waren schon vor Ort und schnappten nach Luft und Schnäppchen. Ein Gedränge wie sonst nur in Supermärkten, wenn es im September endlich wieder Spekulatius und Lebkuchen gibt!!!

Doch die Stahlspitzen an den Ellenbogen leisteten Schützenhilfe und so ergatterte ich das hier:
Karostoff (5 Euro/m statt 13 Euro im Laden) und Bommelborte (6m für 10 Euro)

Punktestoff (5 Euro/m)

Hasenknöpfe (je 30 Cent)

Webband (1,50 Euro/m)




Und am 31.10 kommt er schon wieder...bis dahin muss ich nur noch Nähen lernen!

Samstag, 11. September 2010

Wir überspringen den Winter...

und gehen gleich über zum Frühling!

Denn auf dem Wochenmarkt gab es heute wieder wundersame Frühlingsblumen:







Donnerstag, 9. September 2010

Wie man merkt, dass man nicht mehr jung ist:

Stellt sich ein junger Mensch vor, so sagt er: „Hallo, ich bin Mandy/Sandy/Candy. Ich bin 16 Jahre alt und werde bald 17.“ Dieses bald kann dann in 5 Tagen, 5 Wochen oder auch erst in 5 Monaten eintreten.
Ist man jung, so findet man es einfach spannend, älter zu werden. Rauch stört einen nicht, Musik kann ohnehin nicht laut genug sein und der Inbegriff eines guten Weines ist Traubensaft mit Alkohol (genannt Liebfrauenmilch). Außerdem will man sagen: „Nein, ich bin nicht gerade erst 16 geworden und muss noch herausfinden, wie das ist. Ich bin schon ziemlich erfahren im 16-Sein und wenn ich erst mal 17 bin, geht die Party richtig los. Denn die Quersumme aus 17 ist 8 und legt man die hin, hat man eine Brille oder eben die Unendlichkeit.
Irgendwann lässt man das „und ich werde bald...“ weg. Stellt sich einem ein junger Mensch in der oben erwähnten Weise vor, so denkt man: „Ja, Mandy/Sandy/Candy, man wird jedes Jahr um genau ein Jahr älter. Es reicht mir also, wenn du sagst, du bist 16, denn ich weiß, dass danach die 17 kommt.“ Und -schwupps!- genau jetzt ist man nicht mehr jung.
Manchmal offenbart sich das Nicht-Mehr-Jung-Sein aber auch darin, dass man von jemanden, den man zuvor altersmäßig auf einer Stufe verortet hat, mit „Entschuldigen Sie, ist das Ihr Fahrrad?“ angesprochen wird.

Sonntag, 5. September 2010

Balkon-Update

Vielleicht erinnert ihr euch noch die Bilder meiner Balkonblumen vom Juni? Ich unkte ja, dass die Pflanzen wegen der Nordlage und der daraus herrührenden Null-Sonnenstrahl-Situation keine gute Prognose haben würden.

DENKSTE! Mein grüner Daumen strahlt scheinbar auch ein bißchen Sonne ab! Jedenfalls sind sie gediehen und blühen jetzt fröhlich trotz Dauerregens und Schattenlage:


Flohmarktfund II

Am Wochenende wurde rund um die Rothenbaumchaussee Flohmarkt abgehalten. Wir sind relativ spontan hin und wollten mal kurz drüberschlendern... ABER das geht das in Hamburg nicht. Die Flohmärkte hier erfreuen sich großer Beliebtheit und keiner findet es anstößig, gebrauchte Sachen zu kaufen. Deshalb muss man mindestens 2-3 Stunden einplanen, will man ein paar Schätze finden.
Ich habe zwei richtig süße Deckchen für zusammen 70 Cent gefunden (herunter gehandelt von 1 Euro!):



Mit der richtigen Vase oder Keksdose drauf sehen sie toll aus und geben einen tollen Farbklecks.

Danach sind wir dann noch ebenso spontan aufs Schanzenfest, ein ebenfalls riesiger Flohmarkt mit anschließenden Krawallen in der Nacht.

Insgesamt haben wir gefunden:
2 Deckchen (70 Cent statt 1 Euro)
1 Die-Räuber-Reclam-Heftchen mit Penis-Daumenkino, das die Mutter wohl sehr überraschte, als wir sie darauf´hinwiesen (20 Cent statt 50 Cent)
Hosenträger (50 Cent statt 1 Euro)
1 Damen-Shirt (30 Cent statt 50 Cent)
4 T-Shirts (3x50 Cent statt 3x1 Euro und 4 Euro für ein ADIDAS-Retro-Trikot statt 5 Euro)